Nowy Teatr, Warschau
Elizabeth Costello
Sieben Vorlesungen und fünf Moralgeschichten
Schauspielhaus
Dauer – ca. 4 Std., eine Pause
In polnischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Elisabeth Costello: Siedem wykładów i pięć bajek z morałem
Kann Kunst die Welt retten? Oder ist der Wunsch von Künstler*innen, durch Kunst zu „sprechen“ und eine Wirkung zu erzielen, utopisch? Diese Frage stellt Elizabeth Costello, die fiktive Heldin des südafrikanischen Literatur-Nobelpreisträgers J.M. Coetzee, ihrem Schöpfer. Doch Elizabeth Costello ist nicht nur eine fiktive literarische Figur, sie ist in gewisser Weise Coetzees künstlerisches Alter Ego. Die Themen und Anliegen, die ihren Schöpfer Coetzee umtreiben, sind auch ihre: Philosophie, die Umwelt, existenzielle Probleme oder das Bewusstsein für Tiermissbrauch, soziale Ungerechtigkeit und die Ausgrenzung älterer und behinderter Menschen zu schärfen.
Der renommierte polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski nimmt immer wieder Bezug auf Coetzees Werk, insbesondere auf die Figur Elizabeth Costello, die bereits in fünf seiner bisherigen Inszenierungen aufgetreten ist – mal als Person, mal als Anspielung. In seiner neuen Inszenierung stellt Warlikowski sie erstmals ins Zentrum und widmet ihr ein ganzes Stück. Er wagt sich auf das Terrain der Bilder, Visionen, Albträume und Fantasien über die Unmöglichkeit, ohne Kompromisse zu leben. Fragmente aus dem Werk Franz Kafkas und ein moderner „Teufelspakt“ erweitern das Panorama.
Krzysztof Warlikowski gehört zu den eigenwilligsten und innovativsten Regisseuren des europäischen Theaters. Seine Operninszenierungen führen ihn unter anderem nach Paris, Brüssel, München und Salzburg. 2021 wurde er mit dem Goldenen Löwen der Theater-Biennale Venedig für sein Lebenswerk ausgezeichnet, zuletzt in Salzburg für seine Operninszenierung Der Idiot gefeiert. Seine ersten Inszenierungen in Deutschland entstanden am Schauspiel Stuttgart: 1999 Shakespeares Was ihr wollt und 2000 Der Sturm. Im April 2019 hatte seine Inszenierung von Iphigénie en Tauride an der Staatsoper Stuttgart Premiere. 2022 zeigte das Schauspiel Stuttgart die Deutschland-Premiere von Odyssey. A Story for Hollywood, jetzt ist der international gefeierte polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski erneut in Stuttgart zu Gast.
Elizabeth Costello hatte im April 2024 am Warschauer Nowy Teatr Premiere und war bereits auf dem Athens Epidaurus Festival, auf dem Festival d’Avignon, am La Colline in Paris sowie in Barcelona und Liège zu sehen. Als Koproduzent zeigt das Schauspiel Stuttgart exklusiv die einzigen beiden Vorstellungen in Deutschland.
Der renommierte polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski nimmt immer wieder Bezug auf Coetzees Werk, insbesondere auf die Figur Elizabeth Costello, die bereits in fünf seiner bisherigen Inszenierungen aufgetreten ist – mal als Person, mal als Anspielung. In seiner neuen Inszenierung stellt Warlikowski sie erstmals ins Zentrum und widmet ihr ein ganzes Stück. Er wagt sich auf das Terrain der Bilder, Visionen, Albträume und Fantasien über die Unmöglichkeit, ohne Kompromisse zu leben. Fragmente aus dem Werk Franz Kafkas und ein moderner „Teufelspakt“ erweitern das Panorama.
Krzysztof Warlikowski gehört zu den eigenwilligsten und innovativsten Regisseuren des europäischen Theaters. Seine Operninszenierungen führen ihn unter anderem nach Paris, Brüssel, München und Salzburg. 2021 wurde er mit dem Goldenen Löwen der Theater-Biennale Venedig für sein Lebenswerk ausgezeichnet, zuletzt in Salzburg für seine Operninszenierung Der Idiot gefeiert. Seine ersten Inszenierungen in Deutschland entstanden am Schauspiel Stuttgart: 1999 Shakespeares Was ihr wollt und 2000 Der Sturm. Im April 2019 hatte seine Inszenierung von Iphigénie en Tauride an der Staatsoper Stuttgart Premiere. 2022 zeigte das Schauspiel Stuttgart die Deutschland-Premiere von Odyssey. A Story for Hollywood, jetzt ist der international gefeierte polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski erneut in Stuttgart zu Gast.
Elizabeth Costello hatte im April 2024 am Warschauer Nowy Teatr Premiere und war bereits auf dem Athens Epidaurus Festival, auf dem Festival d’Avignon, am La Colline in Paris sowie in Barcelona und Liège zu sehen. Als Koproduzent zeigt das Schauspiel Stuttgart exklusiv die einzigen beiden Vorstellungen in Deutschland.
Koproduktion mit dem Nowy Teatr, Warschau // In Kooperation mit: Festival d’Avignon, Théâtre de Liège, La Colline – théâtre national, Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, Athens Epidaurus Festival, Malta Festival Poznań 2024
In dieser Produktion wird Stroboskoplicht verwendet.
Inszenierung
Bühne / Kostüm
Małgorzata Szczęśniak
Licht
Felice Ross
Musik
Paweł Mykietyn
Video / Animation
Kamil Polak
Dramaturgie
Piotr Gruszczyński
Besetzung
Mariusz Bonaszewski
Magdalena Cielecka
Andrzej Chyra
Ewa Dałkowska
Bartosz Gelner
Małgorzata Hajewska-Krzysztofik
Jadwiga Jankowska-Cieślak
Maja Komorowska
Hiroaki Murakami
Maja Ostaszewska
Ewelina Pankowska
Jacek Poniedziałek
Magdalena Popławska
Ein Gespräch mit Krzysztof Warlikowski
Ihre Aufführung Elizabeth Costello ist keine einfache Adaption des gleichnamigen Romans von J. M. Coetzee, sondern eine Begegnung mit einer fiktiven Schriftstellerin, die sich durch das Werk des südafrikanischen Schriftstellers ebenso zieht wie durch ihr eigenes. Was fasziniert Sie an Elizabeth Costello?
Sie ist eine Figur, in der sich die Grenze zwischen Fiktion und Realität verwischt. Sie ist zu Coetzees Alter Ego geworden. Ihre Vorträge sind durchzogen von der Frage nach dem Bösen oder dem Respekt vor dem Leben der Tiere - alles Themen, die dem Autor am Herzen liegen. Diese Fiktion in der Fiktion in der Fiktion ist spannend. Mir gefällt die Frage, die Coetzee stellt: Was, wenn im Grunde alles, was wir tun, nur Fiktion ist?
Warum ist Elizabeth Costello eine so einzigartige Schriftstellerin?
In dem Roman lernen wir sie kennen, als sie in den USA einen Literatur-Preis erhält. Sie wird als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Welt gepriesen. Wir folgen ihr nach Afrika, auf dem Weg in die Antarktis, nach Amsterdam... Von Reise zu Reise enthüllt sie eine ganz eigene Art, über die Welt nachzudenken. Sie stellt sich auch Fragen nach ihrem eigenen Leben, ihrem Werden, ihrem Altern.
Wie sollte man eine solche Figur auf die Bühne bringen?
Um diese komplexe Figur zu verkörpern, habe ich sechs Schauspielerinnen unterschiedlichen Alters und sowie einen Mann ausgewählt. Es geht darum, diese Figur einer Schriftstellerin, die allmählich entgleist, zu erforschen. Elizabeth Costello stellt eine Art Störung dar, die nicht nur durch ihre Äußerungen, sondern durch diesen ständigen Flirt mit dem Unmöglichen entsteht. Wenn sie wiederholt sagt: „Ich habe eine Meinung, aber ich glaube nicht daran“, zeugt dies von einer eigenständigen Persönlichkeit. Coetzee könnte Flauberts berühmten Satz aufgreifen: „Madame Bovary, das bin ich“. Ist Elizabeth Costello ich?
Als Coetzees Figur und Alter Ego stellt Costello die Verantwortung des Künstlers in Frage.
Costello drückt ihre Gedanken frei aus, selbst auf die Gefahr hin, zu verstören. Gleichzeitig stellt sie sich die Frage, ob ein Künstler das Recht hat, jene unterirdischen Bereiche zu erforschen, die die Schrecken der Menschheit verbergen - und wieder nach oben zu steigen, um zu beschreiben, was er dort gesehen hat. Wie immer lässt sie uns ohne wirkliche Antwort zurück, wirft aber eine wesentliche Frage auf.
Am Ende des Stücks gibt es das markante Bild des Kükens auf einem Laufband. Können Sie uns etwas über dieses Bild erzählen?
Die Aufführung beginnt mit einer Elizabeth Costello auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Mit der Zeit neigt sie jedoch dazu, sich in ihren eigenen Überzeugungen zu verschließen. Das kleine Küken scheint das einzige Bild zu sein, das sie beschäftigt: ein Küken, das auf einem Laufband zum Tode verurteilt wird und nur ein kurzes Dasein fristen wird. Costello wird sich des Schicksals dieses vergessenen Wesens bewusst. Hier öffnet sich der Abgrund des Unbekannten, zu dem nur das Wort Zugang haben kann. Costello, Coetzee, mein Team und ich suchen nach diesem Wort, obwohl wir wissen, dass wir es nicht finden werden. Aber diese Suche gibt unserem Leben einen Sinn.
Das Gespräch führte Marc Blanchet im März 2024 anlässlich der Aufführungen auf dem Festival d‘Avignon.
Sie ist eine Figur, in der sich die Grenze zwischen Fiktion und Realität verwischt. Sie ist zu Coetzees Alter Ego geworden. Ihre Vorträge sind durchzogen von der Frage nach dem Bösen oder dem Respekt vor dem Leben der Tiere - alles Themen, die dem Autor am Herzen liegen. Diese Fiktion in der Fiktion in der Fiktion ist spannend. Mir gefällt die Frage, die Coetzee stellt: Was, wenn im Grunde alles, was wir tun, nur Fiktion ist?
Warum ist Elizabeth Costello eine so einzigartige Schriftstellerin?
In dem Roman lernen wir sie kennen, als sie in den USA einen Literatur-Preis erhält. Sie wird als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Welt gepriesen. Wir folgen ihr nach Afrika, auf dem Weg in die Antarktis, nach Amsterdam... Von Reise zu Reise enthüllt sie eine ganz eigene Art, über die Welt nachzudenken. Sie stellt sich auch Fragen nach ihrem eigenen Leben, ihrem Werden, ihrem Altern.
Wie sollte man eine solche Figur auf die Bühne bringen?
Um diese komplexe Figur zu verkörpern, habe ich sechs Schauspielerinnen unterschiedlichen Alters und sowie einen Mann ausgewählt. Es geht darum, diese Figur einer Schriftstellerin, die allmählich entgleist, zu erforschen. Elizabeth Costello stellt eine Art Störung dar, die nicht nur durch ihre Äußerungen, sondern durch diesen ständigen Flirt mit dem Unmöglichen entsteht. Wenn sie wiederholt sagt: „Ich habe eine Meinung, aber ich glaube nicht daran“, zeugt dies von einer eigenständigen Persönlichkeit. Coetzee könnte Flauberts berühmten Satz aufgreifen: „Madame Bovary, das bin ich“. Ist Elizabeth Costello ich?
Als Coetzees Figur und Alter Ego stellt Costello die Verantwortung des Künstlers in Frage.
Costello drückt ihre Gedanken frei aus, selbst auf die Gefahr hin, zu verstören. Gleichzeitig stellt sie sich die Frage, ob ein Künstler das Recht hat, jene unterirdischen Bereiche zu erforschen, die die Schrecken der Menschheit verbergen - und wieder nach oben zu steigen, um zu beschreiben, was er dort gesehen hat. Wie immer lässt sie uns ohne wirkliche Antwort zurück, wirft aber eine wesentliche Frage auf.
Am Ende des Stücks gibt es das markante Bild des Kükens auf einem Laufband. Können Sie uns etwas über dieses Bild erzählen?
Die Aufführung beginnt mit einer Elizabeth Costello auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Mit der Zeit neigt sie jedoch dazu, sich in ihren eigenen Überzeugungen zu verschließen. Das kleine Küken scheint das einzige Bild zu sein, das sie beschäftigt: ein Küken, das auf einem Laufband zum Tode verurteilt wird und nur ein kurzes Dasein fristen wird. Costello wird sich des Schicksals dieses vergessenen Wesens bewusst. Hier öffnet sich der Abgrund des Unbekannten, zu dem nur das Wort Zugang haben kann. Costello, Coetzee, mein Team und ich suchen nach diesem Wort, obwohl wir wissen, dass wir es nicht finden werden. Aber diese Suche gibt unserem Leben einen Sinn.
Das Gespräch führte Marc Blanchet im März 2024 anlässlich der Aufführungen auf dem Festival d‘Avignon.
… Elizabeth Costello hinterfragt ständig die mangelnde „Menschlichkeit“ des Menschen, seinen Platz zwischen dem Göttlichen und dem Animalischen, die Durchlässigkeit, die vom einen zum anderen führt, und die wie Fiktionen konstruierten Unterscheidungen. Der Autor ist Gott in seiner moralischen Wachsamkeit vielleicht am nächsten – oder sollte es zumindest sein. …
… Die 86-jährige [Maja Komorowska] ist eine echte Legende des polnischen Theaters und Kinos, die sowohl mit Grotowski und Lupa als auch mit Kieslowski und Wajda gespielt hat und auch eine glänzende Lehrstunde über die Macht des Theaters als Sprechkunst gibt. …
… Mit dieser von Anfang bis Ende fein konstruierten, inspirierten, anspruchsvollen und bemerkenswert gespielten Inszenierung ist Krzysztof Warlikowski einer seiner größten Erfolge gelungen.
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Dies liegt daran, dass das Stück, das nicht davor zurückschreckt, ewig-aktuelle Themen anzusprechen (das Böse, das Verlangen, der Tod, was die Schöpfung daraus ziehen kann) und von denen Warlikowski die hervorstechendsten Ausdrücke im Kern des Werks von J.M. Coetzee finden konnte, hier einen ultra-zeitgenössischen Widerhall findet ...
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… Elizabeth ist ein sich ständig veränderndes intellektuelles Rätsel. Vielleicht hat Warlikowski deshalb sechs Schauspieler (fünf Frauen und einen Mann) engagiert, um ihre Charakterentwicklung schauspielerisch darzustellen.
… Das gesamte Ensemble … verdient große Bewunderung für die absolute technische Präzision, mit der sie den herausfordernden Rhythmus der Inszenierung bewältigt. … Małgorzata Szczęśniak … hat eine karge, geräumige, kühle und wenig einladende Umgebung entworfen, in der die Charaktere keine Chance haben, allein zu sein …
In unserem komplexen postdigitalen Zeitalter bietet Krzysztof Warlikowski Theater, das unsere spirituellen Bedürfnisse und Dilemmata anspricht und seinen Zweck in der gegenwärtigen Phase der menschlichen Zivilisation hervorragend erfüllt. Er hat uns eine facettenreiche, gut durchdachte, exquisit konzipierte und ausgeführte Produktion … geschenkt, deren Wertschätzung Hartnäckigkeit und Aufnahmebereitschaft erfordert. Elizabeth Costello ist eine Inszenierung voller mitreißender Darbietungen und tiefgründiger Bedeutungen, die in einem heilsamen, bewegenden und zutiefst menschlichen Epilog gipfelt.
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Diesmal jedoch hat Warlikowski diese vertrauten Elemente, die seine regelmäßigen Mitarbeiter beigesteuert haben, verwendet, um sein vielleicht unerwartetstes Werk bisher zu schaffen: ein Stück ohne dominantes Thema, dessen Bedeutung sich immer wieder entzieht, obwohl wir die Protagonistin in verschiedenen Situationen, in verschiedenen Lebensaltern und vielen unterschiedlichen Varianten sehen.
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… diese vierstündige Vorstellung ist keineswegs unzugänglich. Sie kann Schicht für Schicht erlebt werden, wobei sich einige Zuschauer damit zufrieden geben, bei der äußeren Bedeutung zu verweilen, während andere viel tiefer vordringen. … In Elizabeth Costello gibt es keinen Asteroiden, aber wir sehen die Menschheit auf eine Katastrophe zusteuern. Doch anders als der Regisseur von Breaking the Waves [Lars von Trier] sieht Warlikowski einen Hoffnungsschimmer für uns. Seine Inszenierung entzieht sich theologischen Etiketten, lässt aber den Wunsch erahnen, auf die andere Seite zu blicken. …
… Dies ist vielleicht das erste Mal, dass Warlikowski das Thema Alter so offen anspricht: Er berührt die Vergänglichkeit der Existenz und beschreibt, wie sie ihn beeinflusst.
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